Von der Heilanstalt zum regionalen Krankenhaus

Ausstellung: 175 Jahre St. Nikolaus-Hospital als Jubiläumsschrift

Am Anfang des Eupener St.Nikolaus-Hospitals stand eine Predigt, die nicht ohne nachhaltige Wirkung geblieben ist, so dass in diesem Jahr der 175. Geburtstag des Krankenhauses gefeiert werden kann.

Der damalige Dechant Johann Anton Vincken von der Eupener St.Nikolaus-Pfarre rief am Nikolaustag, dem 6. Dezember 1840, in einer Predigt zu Spenden für die Einrichtung eines Hospitals auf, denn zum wiederholten Male raffte eine Seuche Ende 1840 62 Menschen dahin. Der Dechant entschloss sich zusammen mit seinen beiden Kaplänen Jakob Michael Willems und Wilhelm Ägidius Breuer und dem Priester-Lehrer Ägidius Anton Blanchard zu dieser Initiative.  Die am darauffolgenden Sonntag abgehaltene Kollekte erbrachte den nicht unerheblichen Betrag von 214 Talern.  Daraufhin erwarb Ägidius Blanchard im Namen seiner Mitstreiter, aber auf eigene Rechnung, von der in Malmedy wohnhaften Maria Anna Amalia Mostert zwei Häuser in der Hufengasse. Bereits am 17. Januar 1841 wurden die ersten Kranken aufgenommen. 

Die vier priesterlichen Gründerväter übertrugen die Leitung und die Krankenpflege vorläufig weltlichen "Wärterinnen".  Der private Charakter des Spitals war für seine Gründer aber nur vorläufig, denn sie wandten sich an die Eupener Armenverwaltung, um die neue Einrichtung auf eine solide Grundlage zu setzen. Am 9. April 1841 erschien neben einem Statutenentwurf eine Einladung an die Eupener Bevölkerung, das Spital mittels Kapitalzeichnungen und Spenden zu sichern. Der Erfolg dieses Aufrufs war überwältigend. Zudem wurde vier Mal im Jahr eine Kirchenkollekte für das Spital abgehalten. Schon im ersten Jahr seines Bestehens nahm das Hospital, das von einer Kommission, bestehend aus dem Bürgermeister von Eupen, dem katholischen Oberpfarrer und dem evangelischen Pfarrer sowie zwei Mitgliedern der Armenkommission geleitet wurde, 84 Personen auf.

Nachdem 1841 die Kontakte mit drei in der Krankenpflege erfahrenen Schwesterkongregationen ergebnislos blieben, wandte man sich an die Schwestern aus dem Rekollektinnenkloster auf dem Eupener Heidberg, darunter  Sr. Philomena, deren Probezeit bei den Rekollektinnen zu Ende ging. Sie scharte nach und nach junge Laienpflegerinnen um sich, die einen ordensähnlichen Tagesablauf führten und ihrer Pflegetätigkeit mit hingebungsvollem Einsatz nachkamen.

Die Armenverwaltung der Stadt Eupen, die sich bei der Berufung der Rekollektinnen übergangen gefühlt hatte, drängte darauf, die Krankenpflege einer von der Kirche approbierten Schwesterngemeinschaft zu übertragen.  Am 1. Januar 1850 sollten die Borromäerinnen das Hospital und die "Irrenbewahranstalt", die kurz vorher  in ein von der Spitalkommission erworbenes Haus einzog, übernehmen. Sr. Philomena verließ die Kongregation der Rekollektinnen und führte fortan wieder ihren Mädchennamen Josephine Koch. Innerhalb der folgenden zwei Jahre stießen fünf weitere Frauen zur Pflegerinnengemeinschaft um Josephine Koch.  Am 13. Juni 1857 wurde daraus die neue Kongregration der Franziskanerinnen von der Heiligen Familie mit der Einkleidung Josephine Kochs, die fortan den neuen Ordensnamen "Elisabeth" trug. Am 25. November 1857 übertrug die Spitalkommission der neuen Kongregation die Haushaltung und Krankenpflege im Spital.  Das Krankenhaus erfuhr in diesem Zeitraum bedeutende bauliche Veränderungen.

Mit den Bestimmungen im Rahmen des Kulturkampfes 1875 in Preußen schieden die Franziskanerinnen zum großen Leidwesen der Eupener Bevölkerung am 1. Januar 1876 aus dem Hospital aus. Über sechs Jahre lang sollte das Eupener Hospital nun von weltlichen Pflegerinnen geführt werden.  Nach dem Abklingen von Bismarcks Kulturkampf gegen die katholische Kirche übernahmen 1882 die Borromäerinnen das St. Nikolaus-Hospital.  Ihre Ära war von einer umfassenden Renovierung und Erweiterung der Gebäude (Elisabethaus) sowie der Modernisierung der Ausstattung bestimmt. Von 1902 bis 1908 erfolgten diese umfangreichen Arbeiten. Parallel dazu entwickelte sich die Medizin, ein Grund, weshalb man immer weiter vergrößern musste.

Nach der Abtretung der Kreise Eupen und Malmedy an Belgien kam die Franziskanerinnen zurück, weil die Leitung der Borromäerinnen in Trier, ihre Schwestern abgezogen hatte, da sie nicht die belgische Staatsangehörigkeit annehmen wollten.  Am 1. September 1921 zogen 21 Franziskanerinnen von der Heiligen Familie ins Nikolaus-Hospital ein.

Anfang 1941 zwangen die neuen Machthaber dem Hospital neue "Satzungen" auf.  Grund zu größter Besorgnis hatten die Angehörigen der Psychiatriepatienten im St. Nikolaus-Hospital. Wie berechtigt die Befürchtungen der Schwestern waren, zeigt folgender Chronik-Eintrag: "Eine Geistkranke aus der hiesigen Abteilung wurde weggeholt und kam nicht mehr zurück."

Am 2. Juli 1956 übergab der Verwaltungsrat das Hospital an die Franziskanerinnen von der Heiligen Familie. Ab 1957 bis 1959 begann mit den Franziskanerinnen unter großem finanziellen Risiko die dritte Bauphase mit dem Gebäude an der Hufengasse, das am 18.  September 1959 eröffnet wurde. Mit dem Neubau war das Hospital im 20. Jahrhundert angekommen.

Die tiefgreifenden Veränderungen im belgischen Gesundheitswesen führten die Franziskanerinnen zunehmend an den Rand ihrer Belastbarkeit. Darüberhinaus blieb der Nachwuchs an Ordensfrauen nach 1969 fast völlig aus. Es kam zu einem zähen Ringen zwischen den Befürwortern einer "regionalen" Lösung und denjenigen, die einer Übergabe an die Association Chrétienne des Institutions sociales et de santé (ACIS) bevorzugten.  Ende Mai 1978 einigte man sich auf eine Abänderung der Satzungen der gemeinnützigen Stiftung St.Nikolaus-Hospital. Neben dem Bürgermeister der Stadt Eupen als Vorsitzenden gehörten dem Verwaltungsrat nunmehr elf Gemeindemandatare sowie fünf Privatpersonen an. Letztere waren durch die Schwestern in Absprache mit dem Pfarrer an St.Nikolaus, Dechant Wim Geelen, bezeichnet worden. 

Als die letzten sieben Ordensfrauen das Hospital im November 1989 verließen, sparte man nicht mit Lob und Dank. Bürgermeister Fred Evers versprach in seiner Rede zum Abschied, dass "die Wiege" der Schwesterngemeinschaft weiterhin in deren Sinn verwaltet werde, "wobei die geistige Ausrichtung des Hospitals uns eine besondere Verpflichtung sein wird."  Am 16. Januar 1991 hoben der Verwaltungsrat und die Direktion in Erinnerung an die Gründerin der Franziskanerinnen die "Josephine-Koch-Stiftung" aus der Taufe, die heute "Josephine-Koch-Service" heißt und 120 Ehrenamtliche zählt.


Hintergrund         

Das Erbe nicht verschweigen

Dem Historiker Dr. Alfred Minke ist es gelungen, neben einer umfangreichen Ausstellung, die noch bis zum 11. Dezember im Foyer des St.Nikolaus-Hospitals zu sehen ist, den Werdegang des Krankenhauses in einer umfangreiche 140-seitigen Jubiläumsschrift nachzuzeichnen, die er Heinrich Toussaint (+2002) für seine wertvolle Pionierarbeit gewidmet hat. "Mein Anliegen war es, auf die seit 175 Jahren unaufhörlich sprudelnde Quelle des Mitgefühls, des Sachverstands und der Gewissenhaftigkeit hinzuweisen, ohne die der Alltag des St.Nikolaus-Hospitals nicht „im Fluss“ geblieben wäre und bleiben würde", unterstrich der Autor.

Die Geschichte des Hospitals ist eng mit der Kirche verbunden. Den Stein ins Rollen brachten 1841 der Dechant an St. Nikolaus und seine Kapläne. Über 130 Jahr lang lag die Betreuung der Kranken in den Händen von Ordensfrauen: den Rekollektinnen, den Borromäerinnen und besonders den Franziskanerinnen von der Heiligen Familie, deren Wiege das Krankenhaus ist. Die ehemalige Rekollektin Josephine Koch gab 1847 ihrem Leben eine entscheidende Wende vom betrachtenden Gebet hin zum aktiven Dienst am leidenden Nächsten. Aus der Pflegerinnengemeinschaft um Josephine Koch wurde zehn Jahre später eine kirchlich anerkannte Kongregration mit dem „Klösterchen“ als Mutterhaus.

Trotz des bestimmenden Einflusses der Kirche war das St. Nikolaus-Hospital gemäß dem Willen seiner geistlichen Gründer nie eine kirchliche Einrichtung, betont Alfred Minke. "Der Nachfolger Vinckens, Dechant Pauls, beschrieb die Eigentumsverhältnisse des Hospitals 1852 wie folgt: "Es handelt sich um eine unabhängige katholische Stiftung, die weder der Pfarre, noch der Stadt noch der Armenverwaltung gehört."

In dieses Spannungsfeld ist das St.Nikolaus-Hospital seit seiner Gründung eingebunden. Für Alfred Minke hat sich diese Konstellation im Laufe der Jahre als recht krisenresistent erwiesen. "Als die Lage des Hospitals 1956 derart hoffnungslos war, dass der damalige Verwaltungsrat unter dem Vorsitz des Eupener Bürgermeisters Hugo Zimmermann die Übergabe der gesamten Verantwortung an die Franziskanerinnen von der Heiligen Familie als letzte Möglichkeit ansah, oder 1976, als die Franziskanerinnen wegen der zunehmenden Überalterung ihrer Gemeinschaft diese Verantwortung zurückgeben wollten und nach mehrjährigen hart und kontrovers geführten Verhandlungen schlussendlich die heutige Trägerschaft definiert wurde."

So bleibt die Stiftung der Priester Vincken, Blanchard, Breuer und Willems gleichfalls für die derzeitigen Verantwortlichen des St.Nikolaus-Hospitals Erbe und Auftrag, "ein Erbe, das man auch in Zukunft keineswegs verschämt verschweigen muss, nur weil sich das Verhältnis unserer pluralistischen Gesellschaft zu Kirche und Religion mittlerweile tiefgreifend gewandelt hat", erklärt Alfred Minke. Es gehe um den leidenden Mitmenschen, den seine Erkrankung verunsichere, hilflos mache, ja mitunter völlig aus der Bahn werfe, ein Zustand, dem man mit noch so perfektionierten medizinischen Instrumenten und Apparaturen alleine nicht beikommen könne. Geduld und Zeit seien für die richtige Behandlung mindestens ebenso wichtig wie ein komfortables Krankenhaus.  (kli)

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